Gebäudebeschreibung und Historie der Wernsdorfer Kirche
Quelle: Gutachterliche Äußerung zum Denkmalwert vom 20.3.2000 durch Herrn Dr. Matthias Metlzer vom Brandenburgischen Landesamt
für Denkmalpflege
und Archäologisches Landesmuseum,Wünsdorf
Denkmalwert
Wernsdorf liegt an der südöstlichen Berliner Stadtgrenze, zwischen dem Krossinsee und dem Wernsdorfer See.
Die Dorfkirche steht auf einer kleinen Anhöhe südlich der Dorfstraße.
Am 15. 8. 1801 wurde mit dem Maurermeister Culberg und dem Zimmermeister Reinhardt aus Storkow der Kontrakt zum Bau der Dorfkirche geschlossen.
Als Baukosten
veranschlagte das Königliche Oberbaudepartement 2.264 Reichstaler, 8 Groschen und 2 Pfennige. Laut einer Inschrift auf der Wetterfahne
war die Dorfkirche 1803
fertiggestellt.
Die Dorfkirche ist ein einschiffiger, verputzter Ziegelbau auf rechteckigem Grundriss. Ein leicht vorstehender Sockel und ein profiliertes
Traufgesims umziehen den gesamten Bau. Die südliche Längsseite weist drei hohe Rechteckfenster auf. An der Nordseite befinden sich zwischen zwei
Rechteckfenstern
ein Mitteleingang und darüber ein quadratisches Fenster. Alle Fenster sind kleinteilig gegliederte Holzfenster. Das südliche
Mittelfenster sowie das Nordportal
mit Fenster werden jeweils von einem flachen, triumphtorartigen Risalit eingefasst. Die breiten "Torpfeiler"
sind von Putzquaderungen überzogen. Über dem Eingang
befinden sich eine von zwei Konsolen getragene Verdachung und ein Mäanderrelief. Die gerade
Ostseite der Dorfkirche weist lediglich zwei hohe Rechteckfenster auf.
An der Westseite gibt es einen weiteren Eingang, der ebenso triumphtorartig
eingefasst ist. Der Mittelrisalit leitet hier in den quadratischen, ins Kirchenschiff
eingezogenen Westturm über. Rechteckige Fenster bzw.
Schallöffnungen, unter denen sich eingetiefte Putzfelder befinden, gliedern den oberen Turmbereich.
Das Innere der Dorfkirche wird von einem schlichten Saal mit verputzten Wänden und gerader Decke eingenommen. Der Fußboden ist mit quadratischen
Keramikplatten
belegt. Im westlichen Raumbereich ist in zwei Blöcken das aus mehreren Holzbänken bestehende Gemeindegestühl aufgestellt. Darüber
befindet sich an der Nord- und
Südwand jeweils eine von dem Turmunterbau und zwei Holzsäulen gestützte bauzeitliche Holzempore, auf der sich weitere
Sitzbänke befinden. Die nördliche Empore wurde
in den 1960er Jahren zur Winterkirche ausgebaut (und im Zuge der Restaurierung wieder in den alten
Zustand zurückversetzt). Zwischen diese beiden Emporen wurde
1899-1900 eine hölzerne Westempore eingefügt, die ebenfalls zwei Holzstützen erhielt.
Die Ausführung der Westempore oblag dem Zimmermeister A. Franz aus Zeuthen.
Ihr Einbau war für die Aufstellung einer Orgel der Firma Hermann Teschner
aus Fürstenwalde notwendig geworden. 1963 nahm die Firma Sauer, Frankfurt (Oder), eine
Restaurierung der Orgel vor. An der östlichen Wand des Saals
befand sich ursprünglich ein hölzerner Kanzelaltar, der 1961 beseitigt wurde. Lediglich der Kanzelkorb
blieb erhalten, Das Dachwerk der Dorfkirche
besteht aus einem Kehlbalkendach mit doppelt stehendem Stuhl (dieser wurde im Rahmen der Rekonstruktion in einen hängenden
Stuhl umgewandelt).
Neben der bereits erwähnten ortsfesten Ausstattung gehören weitere Ausstattungsstücke zum denkmalwerten Bestand der Dorfkirche, z.B.: Kelch, Patene,
Oblatendose und
Kanne, gestiftet 1913 (z.Zt. im Pfarrhaus Neu-Zittau); 2 Glocken, 1920er Jahre (diese stehen jetzt außerhalb im Freien); 5 Gedenktafeln,
Kriege 1813-15. 1848/49,
1866, 1870/71 und 1914-18.
Die Dorfkirche Wernsdorf ist ein anschauliches, weitgehend ursprünglich erhaltenes Zeugnis preußischer Kirchenbaukunst der Zeit um 1800. Ihre fast
schmucklosen
Putzfassaden mit den monumental wirkenden Triumphtormotiven und ihre schlichten Emporen im Inneren veranschaulichen den stilistischen
Formenkanon des Frühklassizismus.
Eine treibende Kraft bei der Erneuerung der Architektur in jener Zeit war das Königliche Oberbaudepartement, das
auch die Planungen für die Wernsdorfer Dorfkirche
vornahm. Wernsdorf befand sich damals im Besitz des königlichen Amtes Storkow (zuvor Stahnsdorf);
Patronatsherr war der preußische König. Mit ihrer ausgewogenen, auf
wenige Gestaltungselemente beschränkten Gestaltung und ihrer Massivbauweise
veranschaulicht die Dorfkirche in Wernsdorf beispielhaft die maßgeblich von der obersten
Baubehörde des Landes ausgehende Reformierung der Baukunst,
die auch für den Kirchenbau eine funktionale, preiswerte und dauerhafte Architektur vorsah, die zugleich
den neuen ästhetischen Vorstellungen
entsprechen sollte. Als Zeugnis für die Kirchenbaukunst, den Stilwandel und das Wirken des Oberbaudepanements um 1800 besitzt die
Wernsdorfer
Dorfkirche daher baugeschichtliche Bedeutung.
Der im Jahre 1460 erstmals urkundlich erwähnte Ort Wernsdorf befand sich seit der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts im Besitz des kurfürstlichen
Amtes Storkow. Die Bewohner lebten vom Fischfang und von der Viehhaltung. Durch die Gründung eines Vorwerks
(ab 1765 in Erbpacht) und den Zuzug von
Siedlern erlebte Wernsdorf in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Die
Einwohnerzahl stieg von 183
im Jahre 1774 auf 273 im Jahre 1801. Damals fiel auch die Entscheidung zum Neubau der Dorfkirche, die anstelle eines vermutlich nicht mehr
ausreichenden
Vorgängerbaus entstand. Die Dorfkirche ist damit ein anschauliches Zeugnis einer wichtigen Entwicklungsetappe von Wernsdorf und besitzt ortsgeschichtliche
Bedeutung.
Aufgrund ihrer freien, leicht erhöhten Lage, prägnanten Baugestalt und - im Vergleich zu den umgehenden Dorfbauten - stattlichen Größe bildet die
Dorfkirche einen
markanten Blickpunkt und wirkt ortsbildprägend. Die Dorfkirche in Wernsdorf weist daher städtebauliche Bedeutung auf.
Wegen des dargestellten Denkmalwertes bedarf die
Dorfkirche in Wernsdorf des gesetzlichen Schutzes (welcher heute existiert).
Die in Klammern stehenden Ergänzungen entsprechen dem heutigen Stand.